Preis der Stiftung Neurogastroenterologie 2022
In diesem Jahr ging der Preis zu gleichen Teilen (Klinik/Grundlage) an Frau PD Dr. rer. medic. Adriane Icenhour und an Herrn Dr. med. Moritz Middelhoff.
Unsere Preisträger 2022
Wir gratulieren sehr herzlich und freuen uns auf die Gastbeiträge der Preisträger an der Jahrestagung 2023 in Berlin!
Der Preis der Stiftung Neurogastroenterologie 2022 wurde im Rahmen der Viszeralmedizin 2022 in Hamburg vom Vorsitzenden der Stiftung Neurogastroenterologie, Prof. Dr. Thomas Frieling, überreicht. In diesem Jahr ging der Preis zu gleichen Teilen (Klinik/Grundlage) an Frau PD Dr. rer. medic. Adriane Icenhour, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie an der Ruhr-Universität Bochum für ihre Arbeiten über den viszeralen Schmerz und die Mechanismen gesunder wie gestörter Viszerozeption entlang der Darm-Hirn Achse und an Herrn Dr. med. Moritz Middelhoff, Assistent und Nachwuchsgruppenleiter der II. Medizinischen Klinik am Klinikum rechts der Isar der TU München für seine Arbeiten über die intestinale neuro-epitheliale Kommunikation mit Fokus auf die epitheliale Stammzellmodulation durch neuronale Botenstoffe verliehen.
Prof. Dr. Thomas Frieling, Frau PD Dr. rer. medic. Adriane Icenhour, Herrn Dr. med. Moritz Middelhoff.
Die Preisträgerin Dr. Adriane Icenhour stellt sich vor:
Meine Arbeiten sind von der translationalen Forschung an den Schnittstellen der Psychologie, der Neurowissenschaften und der Neurogastroenterologie inspiriert. Übergeordnetes Ziel der humanexperimentellen Ansätze ist dabei ein tieferes Verständnis der Mechanismen viszeraler Schmerzen und ihrer emotionalen und kognitiven Modulatoren entlang der Darm-Hirn Achse. Zu meinen Schwerpunkten zählen u.a. schmerzbezogene Lern- und Gedächtnisprozesse, ihr Einfluss auf die Schmerzantizipation und das Schmerzerleben sowie die ihnen zugrunde liegenden psychoneurobiologischen Korrelate.
Aus dieser Motivation heraus entstand die Forschungsarbeit „When gut feelings teach the brain to fear pain: Context-dependent activation of the central fear network in a novel interoceptive conditioning paradigm” (NeuroImage 2021), welche mit dem Preis der Stiftung Neurogastroenterologie gewürdigt wurde. Die experimentelle Magnetresonanztomographie-Studie untersuchte in einem innovativen Paradigma der kontextabhängigen interozeptiven Konditionierung das Erlernen und die Extinktion durch interozeptive Reize induzierter viszeraler schmerzbezogener Furcht.
Wir konnten erstmals zeigen, dass durch assoziatives Lernen mit viszeralem Schmerz vormals neutrale interozeptive Signale aus dem gastrointestinalen Trakt zu bedeutsamen Prädiktoren viszeraler Schmerzen werden können. Insgesamt liefern unsere Befunde relevante Einblicke in Mechanismen, die symptombezogener Furcht, viszeraler Hypervigilanz und maladaptivem Vermeidungsverhalten als zentralen Faktoren in der Pathophysiologie von Störungen der Darm-Hirn Achse zugrunde liegen. Damit erweitern sie maßgeblich unser Verständnis hinsichtlich zentralnervöser und zentral mediierter kognitiver und emotionaler Prozesse in der Darm-Hirn Kommunikation mit bedeutsamen klinischen Implikationen im Kontext der Neurogastroenterologie.
Icenhour A, Petrakova L, Hazzan N, Theysohn N, Merz CJ, Elsenbruch S (2021). When gut feelings teach the brain to fear pain: Context-dependent activation of the central fear network in a novel interoceptive conditioning paradigm. Neuroimage, 238:118229. doi: 10.1016/j.neuroimage.2021.118229. PMID: 34082119
Der Preisträger Dr. Moritz Middelhoff stellt sich vor:
Intestinale Stammzellen sind essentiell zur Aufrechterhaltung der intestinalen Homöostase und Regeneration nach Gewebeschädigung, können jedoch auch Ursprung malignen Tumorwachstums sein. Die Funktion intestinaler Stammzellen wird engmaschig durch die intestinale Stammzellnische reguliert, welche sich aus löslichen Botenstoffen und benachbarten Zellen der Mukosa zusammensetzt. Das enterische Nervensystem mit enterischen Neuronen und Gliazellen sowie deren neuronale Botenstoffe werden als essentieller Bestandteil dieser Nische betrachtet. Unsere Arbeiten haben zum Ziel, die neuro-epitheliale Interaktion mit dem Fokus auf die Modulation intestinalen Stammzellverhaltens durch neuronales Signaling detaillierter zu erarbeiten. So konnten wir erstmals im Detail zeigen, dass intestinale Stammzellen einer engmaschigen cholinergen Modulation unterliegen und Tuft Zellen zu der regulären Funktion der cholinergen Nische beitragen (Middelhoff et al., 2020). In einer weiteren Arbeit, welche mit dem Preis für Neurogastroenterologie 2022 ausgezeichnet wurde, konnten wir wesentliche Unterschiede in der zellulären Reaktion enterischer Ganglienzellen auf akute intestinale Gewebeschädigung erarbeiten (Middelhoff et al., 2022). Aufbauend auf diesen Vorarbeiten erhoffen wir uns die Identifikation von Mechanismen, welche für die Förderung intestinaler Regeneration und Prävention maligner Gewebetransformation genutzt werden können.
Geförderte Arbeit:
Adult enteric Dclk1-positive glial and neuronal cells reveal distinct responses to acute intestinal injury. Middelhoff M*, Valenti G*, Tomassoni L, Ochiai Y, Belin B, Takahashi R, Malagola E, Nienhüser H, Finlayson M, Hayakawa Y, Zamechek LB, Renz BW, Westphalen CB, Quante M, Margolis KG, Sims PA, Laise P, Califano A, Rao M, Gershon MD, Wang TC. Am J Physiol Gastrointest Liver Physiol. 2022 Jun 1;322(6):G583-G597. doi: 10.1152/ajpgi.00244.2021. PMID: 35319286; * contributed equally